DONNERSTAG, 22.50 UHR

Hans Schmidt betrat Sarah Schumanns Haus, ohne sie vorher angerufen zu haben. Er hatte eine halbe Stunde mit Maria telefoniert und ihr mitgeteilt, dass er spätestens am Montag wieder in Lissabon sein werde. »Du lebst!« Sarah küsste und umarmte ihn herzlich. Sie hatte Tränen in den Augen.

»Warum sollte ich nicht? Es ist alles vorbei, ich habe getan, was getan werden musste, und jetzt ist die Polizei am Zuge. Du hast ja die Kommissare Santos und Henning kennengelernt. Sie sollten heute Abend in eine Falle laufen, die Albertz ihnen gestellt hat. Ich habe ihre gedungenen Killer rechtzeitig und ein für alle Mal zum Schweigen gebracht. Jetzt gibt es nur noch einen, dem der Kopf abgeschlagen werden muss - Oberstaatsanwalt Rüter. Nun, eigentlich müsste auch sein alter Herr dran glauben, aber der sitzt in Berlin im Bundestag. Doch das alles ist jetzt Sache der Polizei, obwohl ich Rüter junior eigentlich heute Vormittag übernehmen wollte.« »Komm rein und erzähl mir alles in Ruhe.« Hans Schmidt berichtete ihr vom Nachmittag und Abend und sagte schließlich: »Du brauchst vor niemandem mehr Angst zu haben, alle, die dir etwas antun könnten, sind tot oder bald ihres Amtes enthoben. Du bist frei und kannst tun und lassen, was du willst.« »Schön, wirklich schön«, sagte sie, doch ihr Blick war traurig.

»Du freust dich ja gar nicht.«

»Doch, schon, aber was soll ich mit dieser neuen Freiheit anfangen? Ich habe niemanden, nicht einmal eine beste Freundin.«

»Du hast deine Töchter und deine Enkel. Sie sind jetzt genauso frei wie du. Keiner braucht sich mehr zu verstecken.«

»Und du gehst zurück zu Maria und wirst mich allmählich vergessen.«

»Nein, ich werde dich nie vergessen. Ich habe dir auch schon gesagt, dass du jederzeit herzlich willkommen bist. Wir werden uns noch oft sehen.«

»Werde ich dich auch spüren?«, fragte sie und legte den Kopf an seine Schulter.

»Ich weiß es nicht, vielleicht. Ich will Maria nicht weh tun, aber mein Leben wird sowieso nie gerade verlaufen... Ich liebe sie über alles, aber ich liebe auch dich.« »Ehrlich?«, fragte sie etwas ungläubig, und doch war da ein Funkeln in ihren Augen.

»Ehrlich. Du weißt, ich mag kein Pathos, aber ich kenne dich zu lange, als dass ich jetzt einen radikalen Schnitt machen könnte. Versuch jedoch nie, mich für dich allein zu gewinnen, dann bin ich weg.«

»Das würde ich nie tun. Danke, dass du mir das gesagt hast, es gibt mir Hoffnung. Wie lange wirst du noch in Kiel bleiben?«

»Sonntag, vielleicht Montag.«

»Ich würde mich freuen, wenn wir die Zeit gemeinsam verbringen könnten. Danach werde ich für eine längere Zeit unterwegs sein, Atlanta und Auckland. Was hält mich hier? Anschließend komme ich nach Lissabon, einen guten alten Freund besuchen. Ich will schließlich seine Angebetete kennenlernen.«

»Ich bete sie nicht an, ich liebe sie. Und ich werde sie heiraten.«

»Ich weiß. Und doch wirst du immer ein Teil von mir sein. Bleibst du heute Nacht?«

»Wenn du nichts dagegen hast«, antwortete Schmidt schmunzelnd.

»Schön. Ich bin so froh, dass alles vorbei ist.« »Ich auch. Ich habe mir geschworen, nie wieder eine Waffe anzurühren. Ich werde sie alle wegschließen und nur noch für meine Restaurants da sein und Expertisen erstellen. Ich mag und kann so nicht mehr weiterleben.« »Das klingt wunderbar. Du hast noch so viele Jahre vor dir ... Weißt du was, ich koche uns einen Tee, und wir reden einfach. Einfach nur so über dies und das. Einverstanden ?« »Einverstanden.«

 

Eisige Naehe
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